Die Lichtstuben waren zur Zeit der alten Stroh-Heimindustrie private Arbeitsräume, etwa Bauernstuben, in denen sich Strohflechterinnen und Strohflechter vor allem an langen Winterabenden trafen. Sie arbeiteten dort gemeinsam um einerseits der Langeweile zu entgehen und andererseits auch Licht und Heizung zu sparen.
Dieses gemeinsame Flechten war natürlich auch gesellschaftlich sehr beliebt. Bei Scherz, Gesang und allerlei Geschichten und Klatsch verfloss die Zeit. Geselligkeit und Gemütlichkeit wurden ausgiebig gepflegt. Manche Liebelei und manch ein «Techtelmechtel» haben damit ihren Anfang gefunden.
Gewisse Auswüchse wurden jedoch mit der Zeit von den Behörden angeprangert. Man sprach auch von Müssiggang. Dies nicht zuletzt deshalb, weil angeblich Taglöhner (Tauner) und sogar Bauern sich lieber der bequemeren Strohflechterei hingaben, als die harte Arbeit auf dem Feld zu verrichten.
Die Lichtstuben der Strohflechterei waren im zürcherischen Rafzerfeld stark verbreitet. Man kannte sie aber auch anderswo. So kann man unter anderem der Literatur aus dem Greyerzerland entsprechende Hinweise entnehmen. Im Aargau spricht man auch von sogenannten Schnürlistuben, wo gemeinsam Strohschnürli gezwirnt wurden.
Ähnliche Erscheinungen entwickelten sich jedoch auch bei anderen handwerklichen Branchen der Heimindustrie, wie z.B. beim Spinnen.
Hubert Boschung, September 1997
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